Neben den Mitgliedern des Beratenden Ausschusses für Fragen der friesischen Volksgruppe in Deutschland und den in den Niederlanden lebenden Westfriesen wurden Vertreter des deutschen und des niederländischen Parlaments sowie der Regierung beider Länder sowie Vertreter von Nichtregierungsorganisationen eingeladen.
Dem politischen Gespräch mit anschließendem kulturellem Austausch war die Sitzung des Beratenden Ausschusses für Fragen der friesischen Volksgruppe in Deutschland, vorangegangen, die Bundesbeauftragter Koschyk leitete. Die Sitzungen des Beratenden Ausschusses sind Basis des politischen Dialogs und Austausches untereinander.
Der Ausschuss setzt sich aus Vertretern des Bundesministeriums des Innern, je einem Mitglied des Frasche Rädj/Friesenrat Sektion Nord e. V., der Friisk Foriining, des Nordfriesischen Vereins, des Seelter Buundes, dem Direktor des Nordfriisk Instituuts und je einem Vertreter der Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein zusammen. In seiner gestrigen Sitzung beschlossen die Ausschussmitglieder darüber hinaus die Aufnahme je eines Vertreters des Friesenrats Sektion Ost e.V., des Interfriesischen Rates, des Minderheitensekretariats und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien als ständige Mitglieder.
Die Aufnahme eines Vertreters des Interfriesischen Rates soll der Bedeutung der friesischen Volksgruppe Rechnung tragen. Die Friesen in Deutschland und den Niederlanden haben ihre gemeinsamen Interessen und ihren Wunsch nach grenzüberschreitender Vernetzung und Kooperation in der sogenannten Klockrieser Erklärung des Interfriesischen Rates – der gemeinsamen Dachorganisation der niederländischen Westfriesen und der deutschen Ost- und Nordfriesen – bereits im Jahr 2014 zum Ausdruck gebracht und einen entsprechenden Appell an die Länder Schleswig-Holstein und Niedersachsen sowie die niederländische Provinz Friesland gerichtet.
Sowohl in Deutschland als auch in den Niederlanden ist die friesische Volksgruppe als nationale Minderheit im Sinne des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten und die friesische Sprache als Minderheitensprache nach der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen anerkannt. Schutz und Förderung der friesischen Volksgruppe und der friesischen Sprache sind deshalb ein gemeinsames Anliegen Deutschlands und der Niederlande.
Einen expliziten Schutz erhalten die Friesen durch die Landesverfassung Schleswig-Holsteins. Im Jahr 2004 verabschiedete der Landtag von Schleswig-Holstein zur Förderung und zum Schutz des Friesischen außerdem das sogenannte Friesischgesetz. Darin werden die friesischen Sprachformen und ihr freier Gebrauch anerkannt sowie die einzelnen Rechte der Friesen, wie etwa der Gebrauch des Friesischen gegenüber Behörden oder die Nutzung von zweisprachigen Ortsschildern, gewährleistet. In der niederländischen Provinz Friesland/ Fryslân ist Westfriesisch anerkannte Verwaltungssprache. Die Friesen in Deutschland und den Niederlanden haben darüber hinaus gemeinsame Interessen in den Bereichen Kulturpflege, Küstenschutz, Ausbau der Infrastruktur und Entwicklung des ländlichen Raumes.
Bundesbeauftragter Koschyk betonte in seinem Grußwort: „Wie wir alle wissen, sind Sprache und Kultur zentrale Elemente der eigenen Identität. Für die Betroffenen ist es von enormer Bedeutung, dass ihre Sprache und Kultur erhalten und gepflegt werden. In Deutschland droht die Zahl der ohnehin vergleichsweise kleinen Gruppe der Friesisch Sprechenden weiter zu sinken. Es bedarf daher aktiver Maßnahmen und einer substantiellen Anstrengung staatlicher und nichtstaatlicher Akteure für den Erhalt der friesischen Sprache. Der Blick über die Grenze in die Provinz Friesland / Fryslân kann sicherlich wichtige Anregungen dafür liefern, wie es gelingen könnte, die friesische Sprache und Kultur auch in Deutschland weiter zu stärken.“ Das vollständige Grußwort von Bundesbeauftragtem Koschyk finden Sie hier
Ministerin Sietske Poepjes, die erst vor kurzem mit Bundesbeauftragtem Koschyk zusammengetroffen war stellte die niederländische Provinz Friesland / Fryslân und die Bedeutung der friesischen Sprache vor. Den Vortrag von Sietske Poepjes, Ministerin der Provinz Friesland / Fryslân, finden Sie hier
Die Vorsitzende des Friesenrats Sektion Nord, Ilse Johanna Christiansen, stellte das immaterielle Kulturerbe am Beispiel des „Biikebrennen“ vor, das von der UNESCO anerkannt ist. Das Biikebrennen ist ein gemeinschaftliches Frühlings- oder Fastnachtsfeuer, mit dem böse Geister vertrieben und die neue Saat geschützt werden soll. Am 21. Februar werden in Schleswig-Holstein auf den Inseln Sylt, Amrum und Föhr, auf den Halligen und in weiten Teilen des nordfriesischen Festlandes alljährlich mehr als 60 Biiken entzündet. Einen Film zum „Biikebrennen“ finden Sie hier
Der Vortrag von Dr. Alex Riemersma (Provinzverwaltung Friesland/ Fryslân und Hochschule Leeuwarden/Ljouwert) und Froukje de Jong Krap (Vorsitzende EBLT) war der Friesischen Sprache und Kultur, insbesondere mit Blick auf 2018 „Leeuwarden/ Ljouwert“ ist Kulturhauptstadt“, gewidmet.Dr. Alex Riemersma stellte in seinem Vortrag die Bedeutung der Sprache als zentrales Kulturelement und die Verwendung der friesischen Sprache in den niederländischen Medien vor. Der Slogan „Small languages make the world bigger” gibt die Bedeutung von Minderheitensprachen eindrucksvoll wider. Zum Vortrag von Dr. Alex Riemersma gelangen Sie hier
Froukje de Jong-Krap (Vorsitzende des EBLT: Europeesk Buro foar Lytse Talen/Europäisches Büro für Minderheitensprachen) stellte die Arbeit des ehrenamtlich organisierten EBLT vor dass sich vor allem für grenzüberschreitende kulturelle Projekte einsetzt. Eine besondere Bedeutung für 2018 hat das Projekt „Potatoes go wild“, das dem innovativen und modernen Ackerbau gewidmet ist und gemeinsam mit Bauern, Bürgern, Köchen, Künstlern und Lehrern umgesetzt wird. Das Projekt „Potatoes go wild“ stellt das Grundnahrungsmittel „Kartoffel“ auf vielfältige Weise dar. Den Vortrag von Froukje de Jong-Krap finden Sie hier
Frau Prof. Dr. Tietmeyer stellte die Friesischen Kulturtage im Museum Europäischer Kulturen, Berlin, vor, die vom 24. August bis 24. September 2017, stattfinden und dem friesischen Kulturerbe im europäischen und grenzüberschreitenden Sinn gewidmet sind.
Den Vortrag von Frau Prof. Dr. Tietmeyer zum aktuellen Planungsstand, weiteren Ideen und möglichen Kooperationen finden Sie hier
Die Veranstaltung wurde moderiert von Onno Falkena (Redakteur bei Omrop Fryslân) und von den Bundestagsabgeordneten Gitta Connemann, Matthias Ilgen, Ingbert Liebig, der Landtagsabgeordneten Renate Geuter (Landtag Niedersachsen), dem Gesandten der Botschaft des Königreichs der Niederlande in Berlin, Henk Voskamp und Matthias Neef, Deutsche UNESCO-Kommission, Geschäftsstelle Immaterielles Kulturerbe, begleitet.